Wie fühlt es sich an – wenn dich ein Freund verrät, dem du blind vertraut hast? Wenn dich ein geliebter Mensch ganz plötzlich scheinbar ohne Grund verlässt? Wenn du von deinem Chef, für dessen Firma du alles gegeben hast, unerwartet die Kündigung bekommst? Und wie fühlt es sich an, wenn du vielleicht nur ahnst – aber nicht weisst – was die wirklichen Gründe dafür sind und du dann nicht einmal mehr die Chance hast, die Frage nach dem Warum zu stellen? Wenn die Fronten verhärtet sind und es keine Möglichkeit mehr gibt, ein sachliches, geschweige denn freundliches Gespräch zu führen, um für dich Klarheit zu schaffen oder vielleicht sogar das Ruder noch einmal herum reißen zu können? Fast jeder hat in seinem Leben schon einmal den schmerzhaften Verlust von Freundschaften, familiären Beziehungen, Arbeitsverhältnissen oder des Partners durch gemacht und sich dabei völlig hilflos, zurückgelassen, gekränkt, verletzt, klein und auch wütend gefühlt. Und die meisten wissen, das dieser Schmerz, diese Verletzung, nur sehr langsam heilt – erst Recht wenn eine friedliche und freunschaftliche Trennung nicht mehr möglich war.
Aber wir können etwas tun, damit diese Wunde schneller heilen kann und uns unser Groll nicht dauerhaft wertvolle Lebenszeit und Gedankenkapazität kostet. Es gibt zwei sehr mächtige Instrumente, die uns dabei helfen können, die Situation anzunehmen wie sie ist und sich „im Guten“ von ihr zu trennen.
Loslassen und Vergeben.
Leider sind sie nicht nur die mächtigsten Instrumente um schwierige Situationen und Verletzungen zu meistern, sie sind auch die am schwersten umsetzbaren. Das liegt daran, das wir meist immer noch viel zu sehr in unserem eigenen egoistischen Denken verfangen sind und dem anderen eine „Schuld“ zu schieben für etwas, das er uns angetan hat. Es liegt daran, das wir bei uns selbst Schuld suchen (die wir nicht haben wollen) und daran, das wir die Begriffe Loslassen und Vergeben in der Regel falsch definieren.
Was bedeutet denn nun LOSLASSEN?
Wenn wir an “loslassen” denken, dann denken wir meistens an Verlust. Das wird uns von Kindheit an eingebleut – wenn du etwas behalten und erhalten willst, dann halte es fest. Halte fest daran. Stehe fest dazu. Wenn du etwas los lässt, dann verlierst du es. Dann verlierst du etwas. In den letzten 10 Jahren habe ich – teils sehr schmerzhaft – lernen dürfen, das loslassen aber auch oft alles andere ist als Verlust. Im Gegenteil. Es war auch oft ein Türöffner, der erst dann wirksam werden konnte, als ich etwas loslassen musste – Und am Ende war es sehr oft sogar ein Gewinn!
Aber der Weg zu dieser Erkenntnis war nicht immer einfach – Wir Menschen sind nun eben auch Gewohnheitstiere. “Dinge” los zu lassen, ihnen nicht mehr die Bedeutung zu geben, das sie mein Leben beeinflussen zum Beispiel. Situationen loslassen, die einem nicht gut tun ist eine Form der Freiheit, die wir uns selbst schenken können – aber auch im Verhältnis einfach (….wenn auch nicht für jeden ;-) ).
Menschen los zu lassen, denen man viel Raum und Bedeutung in seinem Leben gegeben hat, ist eine sehr viel kompliziertere Sache, auch wenn unser Bauchgefühl uns vielleicht schon lange sagt, das diese Menschen uns nicht gut tun und uns immer wieder blockieren. Aber auch eine, die uns zu sehr viel mehr Lebensfreude und Glück verhelfen kann.
Das Gefühl der Kleinheit, der Hilflosigkeit und das des Zorns entstehen nur in uns, weil wir eine Erwartungshaltung haben, die nicht erfüllt wird. Und weil wir vielleicht nicht wahrhaben wollen, das wir die Situation ebenso wie der andere mit verursacht haben.
Aber vielleicht haben deine Lebenskonzepte und die des anderen einfach nicht mehr gepasst. Vielleicht ist der eine dem anderen „entwachsen“, vielleicht wartet auf dich (oder den anderen) in der Zukunft etwas, das der andere gar nicht begleiten kann oder will, gegen das sich einer von beiden womöglich nur wehren und damit den anderen ausbremsen würde.
Los – lassen bedeutet eben auch, den anderen in seine Freiheit zu entlassen. Ihm das Recht geben, ohne eine Erklärung, eine Begründung zu gehen – in die Richtung, in die er sein Leben gehen möchte.
Und es bedeutet auch, sich selbst ebenso diese Freiheit zu geben – zu gehen, sich wieder auf sich selbst zu besinnen, seinen ganz eigenen Weg zu finden, wieder offen für neues zu sein ohne einer Erklärung zu bedürfen. Loslassen bedeutet, auch anzunehmen, das es für den anderen gut sein kann, wenn sich eure Wege trennen. Und ihm dabei das Beste zu wünschen. Und wenn das der andere nicht kann, dann ist es sein Problem. Nicht deins. Und erst recht nicht deine oder seine Schuld.
Bleibe ganz bei dir. Schaue auf dein Leben und nehme die Chancen und Möglichkeiten wahr, die sich dir bieten. Und gestehe dies dem anderen auch zu. Wobei wir beim nächsten mächtigen Instrument angekommen sind.
Warum ist VERGEBEN so wichtig?
Wenn wir „vergeben“ hören, denken wir meistens an verzeihen oder entschuldigen. Aber das ist falsch. Für mich ist vergeben in erster Linie, dem anderen (der mir weh getan, mich beleidigt, verletzt, betrogen, belogen und sonstiges hat) zuzugestehen, das er dies in Unwissenheit und Unbewußtheit getan hat. Vergeben heißt nicht, das ich etwas verzeihen oder entschuldigen muß und dem anderen damit das Recht für das gebe, was er getan hat (Recht in dem Sinne, das er „recht“ gegen mich gehandelt hat oder ich das ganze bagatellisiere, es versuche als „nicht so schlimm“ zu definieren). Vergeben bedeutet zu allererst, deine eigenen negativen Gefühle gegenüber einer anderen Person loszulassen. Vergebung ist eine Entscheidung, die dich – und zwar nur dich, und darum ist sie so wichtig – von der Verletzung, die du erlitten hast, befreit. Die dich aus dem Gedankenkarussell herausholt, das sich immer wieder um die andere Person und deinen Groll gegen sie dreht. Vergebung soll nicht dem anderen nutzen, sondern nur dir selbst – Sie ist der Schlüssel dazu, deinen eigenen Schmerz zu überwinden und dich mit deinen eigenen und den Gefühlen des anderen auszusöhnen. Solange etwas nicht vergeben ist, hängt es an der Person, die noch nicht vergeben hat, wie ein dunkler Energieklumpen, der auch mit der oder den anderen beteiligten Personen verbunden ist. Dieser „Energieklumpen“ wird durch Groll und unterdrückten Zorn verursacht. Erst die Vergebung befreit davon. Vergebung bedeutet NICHT, etwas zu entschuldigen oder gar zu vergessen. Wenn dich jemand auf übelste Weise hintergangen hat, tätest du dir sicherlich keinen Gefallen, dem anderen zu sagen „Ist schon okay“ oder es gar zu vergessen. Aber du kannst mit der Vergebung, die deine Verletzung und deinen Zorn auflöst, in Frieden deiner Wege gehen. Nur Vergebung kann dich dort hin führen, wieder nach vorne zu schauen, positiv und liebevoll zu denken und Vergangenes auch wirklich dort zu belassen, wo es hin gehört – In die Vergangenheit.
Und – hier schließt sich der Kreis – den anderen in eben diesem Frieden loszulassen. Vergib dir selbst – und vergib anderen. Und dann lasse es los. Trenne dich von dem, was dir und deinem Leben nicht mehr gut tut, dich hindert und blockiert, dich verletzt und klein macht. Und dann LEBE – In deiner ganz eigenen Freude auf deinem ganz eigenen Weg.
~ Videomeditation „Vergebung und Loslassen“ ~